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spezielles „Erste-Hilfe“-Seminar des Stadtverbandes

Am Samstag, 4.11.2023, hatte der Kreuzbund-Stadtverband Münster die Mitglieder seiner Gruppen zu einem Tagesseminar eingeladen. 30 Weggefährtinnen und Weggefährten hatten den Weg in das Pfarrheim Roxel gefunden.

Auf dem Programm stand zunächst ein Vortrag zum Thema Erste Hilfe und am Nachmittag eine Informationsveranstaltung zu den in Münster verfügbaren Hilfsmöglichkeiten für Kinder aus suchtbelasteten Familien (Tembo©) Gruppen.

Der Vortrag zum Themenbereich „Erste Hilfe“ war nicht vergleichbar mit einem „Erste-Hilfe-Kurs“ für Führerscheinbewerber, es ging vielmehr um medizinische Notfälle in Verbindung mit Alkoholmissbrauch. Als Referent konnte Alexander Dobbelstein gefunden werden.

Alexander ist beruflich ausgebildeter Notfallsanitäter, er hat schon einige Jahre auf dem Rettungswagen Dienst gemacht, er kennt also die genannten Notfälle aus eigenem Erleben.

Zunächst mal empfahl Alexander dringend alle Ärzte und Pflegekräfte immer über die Alkoholabhängige eines Patienten aufzuklären, denn die medizinische Behandlung kann bei bekannter Alkoholabhängigkeit oder langem Alkoholmissbrauch diesem Umstand angepasst werden.

Außerdem werden akute medizinischen Probleme des Patienten dann richtig eingeordnet. So kann ein beginnendes Delirium nach einer Narkose bei einem älteren Patienten schnell als „Durchgangssyndrom“ angesehen werden, das in diesen Fällen häufig auftritt, also „normal“ ist. Tatsächlich kann das Delir aber auch durch einen kalten Entzug hervorgerufen worden sein und dann ist eine ganz andere, dringende Behandlung erforderlich, sonst kann Lebensgefahr bestehen und als Todesursache wird dann „Multiorganversagen“ festgestellt.

Natürlich haben wir auch über die stabile Seitenlage und über Wiederbelebungsmaßnahmen gesprochen. Aber Alexander klärte und uns vor allem darüber auf, womit Angehörige rechnen müssen, wenn sie einen alkoholisierten Angehörigen in die Notaufnahme bringen. Dort werden schnell alle Krankheitszeichen auf den Alkohol zurückgeführt und eine weitergehende Behandlung abgelehnt.

Dann, so empfiehlt Alexander, sollte man sich nicht abwimmeln lassen, sondern darauf bestehen, dass der Patient zumindest einem Arzt vorgestellt wird.

Weiter erfuhren wir viel über die Folgen eines langjährigen Alkoholmissbrauchs, über die Gefahren, die bei einem kalten Entzug bestehen und über Krankheiten, die nicht mehr behandelt werden können, wie z. B. das Korsakow-Syndrom. – An dieser Stelle waren viele Betroffene froh, dass sie diese ungesunde Phase ihres Lebens weitgehend schadlos überstanden haben.

Natürlich erfuhren wir auch wie man einen Notruf richtig absetzt und was man tun kann, wenn man auf eine hilflose, möglicherweise alkoholisierte Person trifft. Aber, da es sich um ein Kreuzbund-Seminar handelte, waren die Informationen über die Auswirkungen, die Alkoholabhängigkeit und Alkoholmissbrauch, auf eigentlich bekannte Krankheiten haben, wichtiger. Und Alexander konnte aus eigenem Erleben auch davon berichten, wie Ärzte und Pflegepersonal auf die Information über Alkoholabhängigkeit eines Patienten reagieren. Alkoholabhängigkeit ist auch bei diesen Personen längst als Krankheit anerkannt und wird nicht mehr abschätzig beurteilt. Deshalb kann man wirklich, ohne Scham und ohne Nachteile befürchten zu müssen, zur eigenen Alkoholabhängigkeit und zur Abhängigkeit seines Angehörigen stehen. Für Schamgefühle ist an dieser Stelle kein Platz.

Insgesamt war das ein „Erste-Hilfe-Seminar“, das zwar nicht ausreicht, um einen Führerschein zu bekommen, das aber Betroffenen und Angehörigen viele Informationen über Probleme gab, die durch Alkoholmissbrauch entstehen können und über die sonst niemand redet.

 

Im zweiten Teil des Seminars informierte und Herr Christian Heuck vom „Beratungs- und Bildungszentrum Kinder-Jugend- und Familiendienste“ der Diakonie Münster über Hilfsmöglichkeiten für Kinder aus suchtbelasteten Familien.

Für suchtbetroffene Menschen gibt es schon lange diverse Hilfsmöglichkeiten, schließlich ist Alkoholabhängigkeit als Krankheit anerkannt. Für Angehörige wird es schon schwerer Hilfsmöglichkeiten zu finden, aber die Angebote werden in den letzten Jahren zum Glück zahlreicher.

Häufig unbeachtet bleiben aber Kinder aus suchtbelasteten Familien. Obwohl 2,65 Mio. Kinder und Jugendliche unter 18 J. davon unmittelbar betroffen sind, denn sie leben zumindest zeitweise mit einem Elternteil mit der Diagnose Alkoholmissbrauch oder -abhängigkeit zusammen. Neuere Studienergebnisse gehen davon aus, dass 6,6 Mio. Kinder mit einem Elternteil mit riskantem Alkoholkonsum zusammenleben. Gezielte Hilfe gibt es nur wenig.

Die Diakonie in Münster hat sich in Zusammenarbeit mit den Kinder-, Jugend- und Familiendiensten dieses Themas angenommen und bietet seit einiger Zeit die Gruppe „Tembo©“ an.

„Tembo©“ ist ein Gruppenangebot für Kinder zwischen 8 und 12 Jahren. Die Gruppen sind für 4 bis 8 Kinder gedacht und werden ganz nach Bedarf eingerichtet.

Die Gruppenarbeit besteht aus 12 wöchentlichen Gruppentreffen und 3 Elternabenden. Bei den Gruppenabenden wird auch gespielt, aber vor allem haben die Kinder Gelegenheit sich auszusprechen, sich auszutauschen und merken dabei, dass sie nicht allein sind.

Den Kindern wird dann auch vermittelt, dass ein Leben mit einem alkoholabhängigen Familienmitglied eben nicht „normal“ ist, sondern dass sie zu Recht meinen, dass etwas in ihren Familien nicht stimmt.

Eine neue Gruppe wird immer dann eingerichtet, wenn 4 Kinder kommen würden. Das Problem ist, dass viele Eltern den Weg der Kinder in die Gruppen scheuen. Viele Eltern haben sicherlich Angst, dass die Kinder etwas erzählen, was die (betroffenen) Eltern lieber geheim halten wollen. Dabei gibt es von den Veranstaltern dieser Gruppen die feste Zusage, dass nichts nach außen getragen wird. Die Betreuer-innen unterliegen der Schweigepflicht.

In unseren Kreuzbundgruppen gibt es zurzeit keine Familie, in der Kinder in dieser Altersspanne vorhanden wären. Aber es ist doch wichtig für uns zu wissen, dass es ein solches Angebot gibt. Wir können jetzt auf diese Hilfsmöglichkeit verweisen, kennen den Ansprechpartner und wissen auch, dass das Angebot kostenlos in Anspruch genommen werden kann.